Junge Welt vom 16.8.2023:
“Vor zwei Jahren zog die NATO aus Afghanistan ab. Der Krieg gegen die afghanische Bevölkerung aber hält an. Die westlichen Sanktionen gegen die Taliban sorgen für Hunger und Elend.
Am 15. August übernahmen die Taliban die Macht. Die USA, die das Land im Oktober 2001 mutwillig überfielen, und ihre Verbündeten, die sich an seiner anschließenden Besatzung beteiligten, ließen Afghanistan in einem katastrophalen Zustand zurück. Sie stahlen sich anschließend nicht nur aus der Verantwortung für das angerichtete Desaster, ihr Embargo, das seit der Machtübernahme der Islamisten das ganze Land trifft, lastet seitdem schwer auf der Bevölkerung. Die Sanktionen werden dennoch auch von linken, feministischen und Menschenrechtsgruppen unterstützt. Für die Afghaninnen und Afghanen ist der NATO-Krieg noch nicht zu Ende.
Korruptes Regime
Die USA rechtfertigten ihren schon länger geplanten Angriff auf das Land am Hindukusch mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Da dem damaligen Taliban-Regime keinerlei Beteiligung nachgewiesen werden konnte, war er jedoch eindeutig eine völkerrechtswidrige Aggression.¹ Die nachfolgende Besatzung wurde zunehmend mit der Notwendigkeit der Stabilisierung, der Demokratisierung und des Wiederaufbaus des Landes begründet, tatsächlich verfolgte sie das Ziel, mit brutaler Gewalt ein prowestliches Regime zu festigen. Dabei stützten sich die USA und ihre NATO-Verbündeten, so der Afghanistan-Experte Thomas Ruttig, auf »eine Warlord-Kaste, die die Hilfsgelder aufsaugte und unter den Augen des NATO-Militärs mit Bestechung und Waffengewalt die neuen, demokratischen Institutionen kaperte²«.